„Die Kunst des Scheiterns" heißt das Buch, aus dem Konstantin Wecker ein paar Seiten zum Besten gibt – an einem Ort, der selbst für ihn, den Gesellschaftskritiker, den Querdenker, ungewöhnlich ist. Ein Ort, der Menschen eine Anlaufstelle bietet, die kein Dach über dem Kopf haben, am Rande der Gesellschaft stehen, wie es gerne heißt. „Für mich seid ihr nicht der Rand der Gesellschaft", richtet Wecker gleich zu Beginn das Wort an die Gäste der Wärmestube, die den prominenten Besuch aus München sichtlich neugierig beäugen. Der Rand der Gesellschaft, das seien in seinen Augen jene, deren Leben nur aus Geld und Statussymbolen, aus Macht und Profitgier bestehe, betont Wecker. „Die vergessen haben, zu ihren Herzen zu stehen. Die ihre Empathie verloren haben."
Nähe zum Publikum
Wenn es eine Botschaft gibt, die ihm an diesem Tag besonders wichtig ist, dann die, dass Fehltritte und Niederlagen zum Leben dazugehören. Dass es keine Schande ist, zu scheitern. Dass man, wie er sagt, immer nur im Sinne der Gesellschaft, nicht aber im Sinne des Menschseins scheitere. Und weil der 71-Jährige genau weiß, wovon er spricht, weil er ganz offen – mal augenzwinkernd, mal ernst - von Gefängnisaufenthalten, Schulden und Suchterfahrungen erzählt, haben seine Zuhörer keine Scheu, sich ebenfalls zu öffnen, aus ihrem Leben zu erzählen und Fragen zu stellen. Wecker nimmt sich Zeit, hört geduldig zu, gibt eigene Erfahrungen weiter und sucht dabei immer die Nähe zu seinem Publikum. Der Austausch mit den Menschen ist ihm wichtiger als die Lesung aus seinem Buch, das macht er immer wieder deutlich. Deswegen sei er der Einladung des Fördervereins Wärmestube auch so gerne gefolgt.
Konzept Schmökerkiste
„Konstantin Wecker gibt den Schwachen und Gestrauchelten seit jeher eine Stimme", sagte Bernhard Christof vom Förderverein Wärmestube im Vorfeld der Lesung. „Er holt sie in die Mitte der Gesellschaft, genauso wie unsere Schmökerkiste das seit vielen Jahren macht." Das Konzept der Schmökerkiste, in der wohnungslose Menschen einen Secondhand-Buchhandel betreiben, habe den Musiker und Schriftsteller sofort überzeugt und zu einem Besuch bewogen, so Christof.
Süße Brüche
„Wir freuen uns sehr, dass Sie heute hier sind", betonte Caritasdirektorin Pia Theresia Franke im Namen des Vorstands des Diözesancaritasverbands Würzburg. „Nicht nur, weil wir inhaltlich viel mitnehmen, sondern weil Sie mit Ihrem Besuch auf viele wichtige Themen aufmerksam machen." Bevor es für Konstantin Wecker zu seinem nächsten Konzert ging, gab es noch ein kleines Geschenk für die Fahrt: Bruchschokolade. Denn es sind die Brüche in seinem Leben, die ihn zu dem gemacht haben, der er heute ist. Die in ihn immer noch dazu inspirieren, die Stimme zu erheben. Für die Schwachen der Gesellschaft. Für eine menschlichere Welt.