Wohnungslos – ein Symptom mit vielen Ursachen
Über der Stadt liegt der Duft von Mandeln, Nelken, Zimt und Anis. Bunte Kugeln und festlich geschmückte Häuser erstrahlen im vorweihnachtlichen Glanz. Gerade jetzt, in der Adventszeit, sehnen sich Menschen nach Wärme und Geborgenheit.
Die „Schmökerkiste“, wie das Projekt des Fördervereins der Wärmestube liebevoll genannt wird, gibt Wohnungslosen und sozial schwachen Frauen und Männern die Möglichkeit, sich nach Jahren der Ausgrenzung am Rande der Gesellschaft wieder wertgeschätzt zu fühlen und einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen zu können. Nicht selten sind es persönliche Schicksalsschläge wie Krankheit oder der Verlust von Bezugspersonen, die zu sozialem Abstieg und Wohnungslosigkeit führen. Hiernach folgt oft auch der Ausstieg aus dem Berufsleben und der Abbruch früherer sozialer Beziehungen. „Es ist wie ein Teufelskreis“, sagt einer der Mitarbeiter der Schmökerkiste. Aus diesem wieder herauszukommen, ist alles andere als leicht. Fehlende Strukturen, ein Gefühl des abgehängt Seins und mangelnde Teilhabe sind nicht die besten Voraussetzungen für eine Rückkehr in den „normalen“ Alltag.
Zurück ins Leben
Aus diesem Grund hatte Sozialarbeiterin Nicole Erbacher gemeinsam mit dem Förderverein Wärmestube e. V. unter dem Vorsitz von MdB Paul Lehrieder und Bernhard Christof, Leiter des Fachbereichs Gefährdetenhilfe des Diözesan-Caritasverbands Würzburgs, vor rund eineinhalb Jahren ein Projekt ins Leben gerufen, das den Menschen aus dem Umfeld der Wärmestube genau dies ermöglichen soll. Mit zahlreichen Helfern wurde ein ausrangierter Bauwagen mühe- und liebevoll zu einem rollenden Antiquariat umgestaltet, das den Betroffenen die Möglichkeit gibt, mit kleinen Schritten zurück ins Leben zu kommen. Durch die „Schmökerkiste“ lernen die Mitarbeiter wieder Struktur und Verantwortung zu übernehmen. Sie rückt die Persönlichkeiten und Stärken in den Mittelpunkt, nicht die soziale Kategorie der Wohnungslosigkeit und Armut. Neben Bestsellern, Klassikern, Ratgebern und Kinderbüchern entsteht so auch ein Raum für Annäherung und Austausch mit den Bürgern der Stadt. Ein Raum für Anerkennung und Wertschätzung - gegen Gleichgültigkeit, Vorurteile und Diskriminierung.
Zwölf Monate und Hunderte Bücher
Seit fast zwölf Monaten ist das Antiaquariat auf Rädern nun schon unterwegs. Mehrere hundert Bücher durften in dieser Zeit den Besitzer wechseln. An belebten Orten der Innenstadt wie dem Dominikanerplatz, dem Domvorplatz oder wie jetzt – mit Unterstützung der Auto Kilian GmbH, Deutsche Post AG, Oberbank AG und Deutsche Telekom AG – auf dem Paradeplatz zwischen Residenz und Kiliansdom entsteht so die Gelegenheit auf ein Schnäppchen gepaart mit dem sozialen Auftrag der Wärmestube: den Menschen Wärme und Wertschätzung zu schenken.